Evangelisches Forum Handschuhsheim: Spitzengemüse und Spitzenforschung
19.11.2017 awl Für den Grundkonflikt bei der Entwicklung des Universitätsgebietes im Neuenheimer Feld war auch nach zweistündiger Diskussion keine Lösung in Sicht. Die Universität will sich ins Handschuhsheimer Feld ausdehnen, vor allem mit den Biowissenschaften. Die Handschuhsheimer Bürger, zuvorderst die Gemüsebauern, wollen ihre Produktionsstätten und ihr Naherholungsgebiet nicht verlieren,
das auch als Kaltluftentstehungsgebiet und Biotop hohe Bedeutung hat. Das Evangelische Forum Handschuhsheim hatte zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen, zu der weit mehr Besucher kamen als das evangelische Gemeindehaus fassen konnte.
[Bild von links nach rechts: Prof. Frauke Melchior (Dekanin der Biowissenschaften), Gärtnermeister Jürgen Grieser, Wissenschaftsministerin Theresa Bauer (Die Grünen), Micha Hörnle (RNZ), Birgit Müller-Reiss (Bündnis für Bürgerbeteiligung Masterplan), Robert Bechtel (früherer Leiter des Mannheimer Stadtplanungsamtes)]
Die Argumente der Universität auf dem Podium vertrat Prof. Frauke Melchior, Dekanin der Fakultät der Biowissenschaften. Die Universität brauche für den Campus im Neuenheimer Feld Entwicklungsperspektiven, nicht zuletzt für die Forschungsinstitute. Gerade im Bereich der Biowissenschaften sei die unmittelbare Nähe zu anderen Instituten wichtig. „Gerade im Grenzbereich der Fächer würden neue Erkenntnisse gewonnen und gemeinsam erfolgreich bearbeitet. Diese fruchtbare Zusammenarbeit darf nicht auseinander gerissen werden“, so die Forscherin.
Das Handschuhsheimer Feld sei ein Gebiet mit den hochwertigsten Böden in Heidelberg, hier werde täglich frisches Gemüse für die Stadt produziert. Die Universität könne auch auf andere Flächen ausweichen, insbesondere die Institute, die mit den Biowissenschaften nichts zu tun haben, konterte Gärtnermeister Jürgen Grieser. Bei weitem nicht alle universitären und wissenschaftlichen Einrichtungen im Neuenheimer Feld seien den Biowissenschaften zuzuordnen.
Aus dem Publikum wurde sekundiert, die 200 ha Fläche des Feldes sei nicht nur für die regionale Nahrungsmittelproduktion unverzichtbar, sondern auch als Naherholungsgebiet und Frischluftschneise für die westlichen und südlichen Stadtteile. Sie stellten zudem ein hochwertiges Biotop dar.
Nach einem Plan B gefragt antwortete Birgit Müller-Reiss (Bündnis für Bürgerbeteiligung Masterplan Neuenheimer Feld): Für das Neuenheimer Feld wäre der Plan B höher und dichter zu bauen, den vorhandenen Raum besser und geordneter zu nutzen, Parkhäuser und nicht mehr genutzte Gebäude umzunutzen. Für das Handschuhsheimer Feld kann es keinen Plan B geben. Jeder erneute Einschnitt in die noch vorhandene Fläche gefährdet die Struktur und damit die Existenz der Gärtnereibetriebe. Es geht in dem Masterplanverfahren auch um die Zukunft des Handschuhsheimer Feldes als regionale Produktionsstätte für Obst und Gemüse.
Robert Bechtel, früherer Leiter des Mannheimer Stadtplanungsamtes, forderte, die Entwicklung der Universität in einen Entwicklungsplan für die ganze Stadt einzubinden. Was den Individualverkehr anbelange, so erwarte er, dass dieser zunehmend eine kleinere Rolle spielen werde. Neuen Straßen und Brücken für Autos, wie sie von der Universität in Form des Zubringers Nord, dem Ausbau des Klausenpfades und einer 5.Neckarbrücke immer wieder verlangt würden, erteilte er eine Absage.
Zu vermitteln suchte Wissenschaftsministerin Theresa Bauer (Die Grünen): Alle Beteiligten sollten ergebnisoffen in die Diskussion um den Masterplan gehen und nicht gleich rote Linien definieren. Gerade in der Verkehrspolitik erwarte sie innovative Lösungen, die für die heutigen Kontrahenten akzeptabel seien und setzte damit einmal mehr auf autonom fahrende E-Autos schon ab 2018.
Die Teilnehmer an der Veranstaltung hatten allerdings überwiegend klare Vorstellungen, was im Feld passieren solle. In einer Probeabstimmung, die Moderator Micha Hörnle zum Schluss der Veranstaltung durchführte, stimmte eine überwältigende Mehrheit für den Erhalt des Handschuhsheimer Feldes.
[Bilder: rothe]
Hintergrund: Masterplan für das Neuenheimer Feld
Stadt und Universität haben vereinbart, ein übergeordenetes Konzept zu erarbeiten auf dessen Grundlage dann Bebauungspläne entwickelt werden können. Diese Planung soll mit Bürgerbeteiligung stattfinden. Lösungen für die Probleme im Feld sind gefragt: eine Entwicklungsperspektive für die Universität und die Sicherung der Qualitäten des Neuenheimer und Handschuhsheimer Feldes, nicht zuletzt auch eine ökologische Lösung für den Verkehr, den die rund 30 000 Studenten und Beschäftigten der Kliniken und Institute täglich verursachen.