Aktionsbündnis Bergheim-West: Begehung der Grünflächen
awl 29.6.2017 Es gibt nur wenige Grünflächen in Bergheim. Von diesen sind viele kaum zugänglich und oder sind vom Autoverkehr dominiert. Bereits der Ausgangspunkt der Begehung des Stadtteils durch das Aktionsbündnis Bergheim-West führte das deutlich vor Augen. Der Alfons-Beil-Platz an der St. Albertus Kirche weist hohe Bäume auf, die den drei Dutzend Teilnehmern an diesem heißen Sommertag angenehmen Schatten spendeten. Der größte Teil des Platzes wird als Parkplatz benutzt, eine Nutzung als Treffpunkt oder für Aktivitäten von Bürgern ist zur Zeit kaum möglich.
Er wird auf zwei Seiten von stark belasteten Straßen begrenzt, die für eine erhebliche Lärmbelastung sorgen.Trotzdem hat dieser baumbestandene Platz eine wichtige ökologische Funktion. Die Bäume binden nicht nur Staub und kühlen die Umgebung durch die Verdunstung von Wasser über die Blätter, sondern tragen auch subjektive zum Wohlbefinden der Bewohner bei. Das gilt für alle Arten von Grünflächen in der Stadt, sowohl für Baumbestände, wie für Relikte von natürlichem Gelände, gärtnerisch gestalteter Flächen und Straßenbegleitgrün, ja selbst für Sportanlagen. Die Biologin Ribana Seliger (NABU) referierte über die Komplexität von städtischen Grün: Lebensraum, Ort für Geselligkeit und kulturellen Austausch, Stadtklima, Naturerfahrung, Gesundheit, Erholung,
Umweltgerechtigkeit, Wertschätzung. Bäume in der Stadt sind jedoch besonderen Belastungen ausgesetzt durch Autoabgase aber auch durch unzureichenden Zugang der Wurzeln zu Wasser. Dies führt bei steigenden Temperaturen durch den Klimawandel zu Problemen. Die Stadt sei ein Lebensraum für Spezialisten unter den Pflanzen, auch bei den Bäumen.
Im Innenhof der Siedlung der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz der Stadt an der Yorkstraße gibt es keinen hohen Baumbestand, lediglich eine begrünte Pergola, unter der sich beschattete Bänke finden. Höheren Wuchs lassen die Pflanzbecken auf dem Tiefgaragendach nicht zu. Ansonsten ist der Innenhof lieblos bepflanzt und auch die Möglichkeiten zum Spielen sind begrenzt und fordern die Phantasie von Kindern nicht heraus. Eine Funktion als Biotop kommt ihm überhaupt nicht zu.
Der Zugang zum Park am Penta-Hotel über die vielbefahrene Vangerow Straße ist nicht einladend. Im Park selbst ist es erstaunliche ruhig, ein Rondell an der Neckarseite lädt zum Sitzen ein. Allerdings ist ein unmittelbarer Zugang zum Fluss nicht gegeben. Der Park ist wenig gärtnerisch gepflegt, dafür haben sich jedoch verschieden Bereiche zu Sekundärbiotope entwickelt. Der geplante Neubau eines Hotels ist bisher nicht begonnen worden. Dies würde einen großen Teil des Parks verschwinden lassen. Dies hat umso größere Bedeutung, weil sich in unmittelbarer Nähe schon mehrere hohe und massive Gebäude befinden, die einen klimatologischen Hotspot darstellen. Der Neubau würde den Kaltluftstrom über den Neckar zur Bahnstadt und in den Pfaffengrund verhindern. Dies hat die Planung für eine Bebauung nicht verhindert. Allerdings stoppt eine Einwendung des NABU den Baubeginn. Die Planung des Hotels mit Terrasse mit Auskragung über den Fluss berücksichtigt keinen ausreichenden Gewässerrandstreifen. Solche Randstreifen sind Bereiche an Gewässern, die von Nutzung freigehalten werden müssen. Sie haben eine Funktion als Puffer für Hochwasser, verhindern Schadstoffeinträge und stellen wichtige Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten dar. Das Regierungspräsidium Karlsruhe drängt inzwischen auch auf eine Änderung der Pläne des Investors.
Der Geneisenauplatz ist zur Zeit eine Verkehrsinsel, allerdings mit einem schönem hohen Baumbestand. Er stellt nicht nur einen grünen Stadteingang dar. Seine Bäume filtert - wie alle Bäume in der Stadt - Feinstaub aus der Luft und senken die Temperatur der Umgebung. Eine Verringerung des Verkehrs auf der Bergheimer Straße, eine Änderung der Verkehrsführung und eine „grünen Wand“ an zwei Seiten soll für eine bessere Aufenthaltsqualität sorgen, so die Forderung aus den Reihen der Teilnehmer.
Die Brachfläche am Großen Ochsenkopf ist die größte zusammenhängende Grünfläche in Bergheim. Es handelt sich baurechtlich um ein Gewerbegebiet, aus dem sich allerdings ein hochwertiges Biotop entwickelt hat. Vor der Begehung hatte eine kleine Gruppe von Biologen des NABU und des BUND unter der Leitung von Volker Violet den Pflanzenbestand teilweise aufgenommen. Innerhalb von eineinhalb Stunden hatten sie 136 Arten kartiert, darunter einige Pflanzen, die auf der Roten Liste stehen. Insgesamt schätzen die Kartierer die Zahl der vorkommenden Arten auf mehr als 200 (Kariterung s. Anhang). Auch dieses Gebiet hat eine wichtige klimatologische Funktion für die Kaltluftentstehung und die Durchlüftung der beiden südlich bzw. südwestlich benachbarten Stadtteile. Die beiden Naturschutzverbände fordern den Erhalt dieser Grünfläche als Park und Biotop. Hier könnte auch ein Naturerfahrungsraum für Kinder entstehen, wie ihn die Bundesregierung in größeren Städten fordert: ein Bereich der großenteils naturbelassen bleibt und sich frei entwickeln kann, in dem Kinder kreativ spielen und die Natur erleben können.
Mit der geplanten Verlegung des Betriebshofes weg vom Standort in Bergheim befasste sich Karin Weber von der Initiative Ökologisches Mobilitätsnetz. Sie kritisierte, dass bei der Überlegung vorwiegend die Investitionskosten betrachtet wurden und die Funktion und die daraus resultierenden Folgekosten nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Während beim jetzigen Standort die Unterbringung von Straßenbahnen und Bussen gewährleistet sei, müsse bei einer Verlegung ein zusätzlicher Standort zum Abstellen der Busse gefunden und betrieben werden. Dies führe nicht nur zu erheblichen zusätzlichen Investitionskosten, sondern auch zu dauerhaft höheren Folgekosten. Für Reparaturen jedweder Art müssten die Busse nach Mannheim gefahren werden. Zudem seien die Ein- und Ausrückzeiten höher. Die Synergieeffekte durch ein zeitnahes Wechseln der Fahrer, die auf beiden Fahrzeugarten ausgebildet seien, gingen verloren. Es sei fahrlässig, einer Entscheidung keine detaillierte Folgekostenrechnung über die Lebenszeit des neuen Betriebshofes zugrunde zu legen. (Vollständiger Vortrag s. Anhang),