OB-Würzner legt Gemeinderat erneut Vorschläge zur Video-Überwachung vor

pahd 26.4.2017  Für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum: Bekommt Heidelberg an zwei zentralen Plätzen in der Stadt (Bismarck- und Willy-Brandt-Platz) eine Videoaufzeichnung? Darüber wird ab Mittwoch, 3. Mai 2017, in den Ausschusssitzungen des Heidelberger Gemeinderates diskutiert. Ziel der Videoaufzeichnung ist es, Straftaten durch Abschreckung zu verhindern und bei Straftaten Beweise zu sichern. Die Verwaltung hat ein entsprechendes Konzept ausgearbeitet und bittet den Gemeinderat um die Freigabe der erforderlichen Mittel in Höhe von rund 120.000 Euro für die Anschaffung und Installation der Kameras. Die abschließende Beratung findet am Donnerstag, 18. Mai 2017, im Gemeinderat statt.

Die Stadt kann an öffentlichen Orten Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen anfertigen – vorausgesetzt, die dortige Kriminalitätsbelastung hebt sich vom restlichen Stadtgebiet deutlich ab.
Der Bismarckplatz und der Willy-Brandt-Platz sind nachweislich Kriminalitätsschwerpunkte in Heidelberg. Beispiel Bismarckplatz: Dort haben sich 2015 insgesamt 94 Fälle von Straßenkriminalität ereignet. Bezogen auf die Fläche im Vergleich zu der Belastung aller Heidelberger Stadtteile zusammen ist die Kriminalitätsbelastung dort 130 Mal höher. Der Willy-Brandt-Platz weist für das Jahr 2015 sogar die 228-fache Belastung auf. Aufgrund dieser Einordnung als Kriminalitätsschwerpunkte kann die Stadt nach dem Polizeigesetz eine Videoaufzeichnung einrichten.

Datenschutz ist gewährleistet

Gegner der Videoaufzeichnung sehen das Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Das Konzept der Verwaltung basiert auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

  • Der Eingriff ist räumlich begrenzt. Im überwachten Bereich grenzen keine Wohnungen an.
  • Zur Sicherstellung des Datenschutzes werden die Bilddaten im Netzwerk der Stadt Heidelberg gespeichert und nach 48 Stunden gelöscht.
  • Die Monitore der Kameras werden nicht permanent überwacht. Die Aufzeichnungen werden nur im Falle von Straftaten herangezogen.
  • Nur ein begrenzter Personenkreis hat Zugriff auf die Aufnahmen.
  • Die Datenschutzbeauftragte der Stadt Heidelberg ist in die Planung der Videoaufzeichnung einbezogen.

Kriminalitätsbelastung im Vergleich – Straftaten pro Fläche

In der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) zählen unter anderem folgende Delikte zur Straßenkriminalität: Vergewaltigung/sexuelle Nötigung, Exhibitionismus, Raubüberfälle, Handtaschenraub, Körperverletzung, Auto-, Fahrrad- und Taschendiebstahl, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung.

Kriminalitätsschwerpunkt 2015

 

Gebiet

Fläche

Anzahl Straßen-kriminalität (STK)

STK/

Fläche (ha)

Anzahl

Betäubungskriminalität
(BTM)

BTM/

Fläche

(ha)

STK

+

BTM

STK + BTM/

Fläche

(ha)

Stadt Heidelberg

108,8 km²

3.183

0,29

631

0,058

3814

0,35

Stadtteile Bergheim, Altstadt, Weststadt einschließlich Bismarckplatz und Willy-Brandt-Platz

16,833 km²

1519

0,90

225

0,133

1744

1,34

Bismarckplatz

2,5 ha

94

37,60

10

4,00

104

41,6

Willy-Brandt-Platz

1,5 ha

99

66,00

82

54,67

181

120,67

 

 

Kriminalitätsschwerpunkt 2016

 

Gebiet

Fläche

Anzahl Straßen-kriminalität (STK)

STK/

Fläche (ha)

Anzahl

Betäubungskriminalität (BTM)

BTM/

Fläche

(ha)

STK

+

BTM

STK + BTM/

Fläche

(ha)

Stadt Heidelberg

108,8 km²

3.404

0,31

965

0,089

4369

0,40

Stadtteile Bergheim, Altstadt, Weststadt einschließlich Bismarckplatz und Willy-Brandt-Platz

16,833 km²

1.533

0,90

309

0,184

1842

1,09

Bismarckplatz

2,5 ha

98

39,20

17

6,80

115

46

Willy-Brandt-Platz

1,5 ha

134

89,00

82

54,67

216

144

Es ist nach Einschätzung der Stadtverwaltung damit zu rechnen, dass an beiden Orten weiterhin Straftaten begangen werden und dass die Kriminalitätsbelastung weiter steigt – obwohl bereits verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitslage an beiden Plätzen ergriffen wurden. So wurde auf dem Bismarckplatz im November 2004 das Gebäude „Sonderwache Bismarckplatz“ installiert. Zudem waren der Kommunale Ordnungsdienst und die Polizei auf beiden Plätzen verstärkt präsent. Dennoch nehmen Ordnungsstörungen weiter zu und das subjektive Sicherheitsgefühl der Heidelberger Bevölkerung an beiden Plätzen ab.

Für Alternativen zur Videoaufzeichnung – etwa eine 24-Stunden-Präsenz der Polizei an der Wache am Bismarckplatz oder mehr Polizeikräfte auf den beiden Plätzen – gibt es beim Polizeipräsidium Mannheim nicht genügend Personal. Außerdem rechtfertigen nach Einschätzung des Polizeipräsidiums Mannheim die Heidelberger Zahlen eine Videoaufzeichnung an Monitoren durch die Polizei nicht, durch die zwangsläufig Polizistinnen und Polizisten von der Straße abgezogen werden müssten.

In Mannheim planen Stadt und Polizei den Einsatz eines speziellen intelligenten Analyseprogramms. Das Fraunhofer-Institut in Karlsruhe testet die intelligente Software derzeit. Das Programm wertet die Kamerabilder aus und schlägt bei kritischen Situationen automatisch Alarm, beispielsweise wenn eine Person plötzlich zu Boden geht. Dadurch reduziert sich der Polizeieinsatz für die Beobachtung an Monitoren beträchtlich. Das Innenministerium arbeitet derzeit an einer Änderung des Polizeigesetzes, damit die rechtliche Grundlage für den Einsatz einer solchen Software geschaffen wird. Sobald diese Möglichkeit besteht, ist das Polizeipräsidium Mannheim bereit, diese Software auch in Heidelberg zu installieren und – bei Alarm – die entsprechende Beobachtung zu übernehmen. Das Polizeipräsidium Mannheim wird bei der Auswahl des Kamerasystems in Heidelberg eingebunden, damit sichergestellt ist, dass bei dem Kameratyp nachträglich das Analyseprogramm installiert werden kann.   

Standorte der Kameras

Die Kameras sollen an kombinierten RNV-Lichtmasten und an reinen Straßenlaternen der Stadtwerke angebracht werden. Zwei Kameras sind für den Bismarckplatz geplant – eine in der Nähe des Kiosks, die andere zentral auf dem Platz in Richtung Galeria Kaufhof auf dem Bahnsteig zwischen Busspur und Straßenbahnschienen. Die drei Kameras am Hauptbahnhof sollen auf dem Willy-Brandt-Platz nahe der dortigen Bushaltestelle sowie im Haltestellenbereich auf der Nordseite des Hauptbahnhofes jeweils am östlichen und westlichen Ende des Haltestellenareals installiert werden. Alle Standorte müssen sowohl mit Strom- als auch mit Glasfaserkabel versorgt werden. Die Infrastruktur dafür ist derzeit weder auf dem Willy-Brandt-Platz noch auf dem Bismarckplatz vorhanden.

Kosten

Die Gesamtkosten betragen rund 120.000 Euro. Für Wartung und Reinigung entstehen jährlich Kosten in Höhe von 1.250 Euro pro Kamera, insgesamt also 6.250 Euro pro Jahr. Die Personalkosten für die Auswertung und Weitergabe der aufgezeichneten Daten sind derzeit noch nicht bezifferbar.

 

 

26.04.2017 - 22:15